Peter Assmann

Norbert W. Hinterberger
Der Stand der Dinge

... kann nur überprüft werden, wenn man sie auf den Kopf stellt.

Norbert W. Hinterbergers künstlerische Arbeit entwickelt sich als Kreativitätsausdruck im direkten Objektzugriff. Visuelles Gestalten ist für ihn nicht Umformung einer Oberfläche, sondern Objekt gewordener Gedanke.

Erscheinen seine Konzepte, Werke und Installationen vielfach zunächst wie Ergebnisse eines frischfröhlichen Bild- und Begriffekonnotierens, so erweist sich ihre radikale Sprengkraft für den Betrachter sofort, wenn durch die Betrachtung des Werkes und (speziell) des jeweiligen Titels in Kombination von Sprache und Bild genau jener Punkt erreicht wird, an dem sich eine neue Vorstellung öffnet, an dem sich sinnliche Wahrnehmung und vorwissende Erkenntnis plötzlich auf einem neuen Bewegungsfeld befinden.

Banalität und Komplexität - ebenso wie Ironie und Belehrung - verschränken sich vielfach, heben sich gegenseitig auf, bedingen sich gegenseitig. Bewusst wird die Frage nach der Kunst nicht direkt gestellt, sondern sie dringt gleichsam auf vielen Wegen vor. Bewußt belässt Norbert W. Hinterberger seinen bildnerischen Diskursen vielfach die Ebene der (scheinbaren) Selbstverständlichkeit eines (scheinbaren) simplen Ablaufes, der zunächst gar nichts mit Kunst zu tun haben scheint. Aber: Kunst ist unter vielem anderen auch „die Errettung der Möglichkeit ,so ist es’ zu sagen“. (Odo Marquard)

Wenn Norbert W. Hinterberger einen Teil unserer menschlich transformierten Welt präsentiert, so richtet sich seine Kritik – auch in der auf die Kunstgeschichte bezogenen Stoßrichtung – gegen die menschliche Welt der Zuordnungen, der Reglements, die so einfach und selbstverständlich einschleichend ihre komplexe Wirksamkeit ausbreiten: in diesem Sinne sind Norbert W. Hinterbergers Arbeiten sozial/politische Bild/Objekt-Widerstände.

Ein spezielles Interesse des Künstlers richtet sich auf die biologischen Verwurzelungen menschlichen Agierens und Reflektierens. Ethnologie und hier speziell die breit gefächerten Lebensformen Südamerikas bilden einen Schwerpunkt der Auseinandersetzung: Mythologie und Sinnlichkeit verfließen zur Brücke zwischen direkter und allmählicher Emotion und Intellekt. Schwerpunktmäßig erfolgt auch die Auseinandersetzung mit dem geformten Raum – Architektur als kommunikativer, hinterfragender Ausdruck. Stets fügt der Künstler mit spielerisch anmutender Sicherheit völlig unerwartete Komponenten zu einem ausgreifend nachklingenden konzeptuellen – i.e. begrifflichen – Akkord zusammen.

aus:
Norbert W. Hinterberger: Der Stand der Dinge. Ausstellungskatalog.
(Linz: Galerie im Stifterhaus, 1992).

 

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